Serialisierung: Rückverfolgbarkeit bei Lebensmittelherstellung kann Wiederholung der EHEC-Krise verhindern

Nach dem EHEC-Ausbruch in Deutschland stehen Lebensmittelproduzenten im Mittelpunkt der Medien. Neue Untersuchungen zeigen, dass Verbraucher beim Konsum von frischem Obst und Gemüse verunsichert sind und heute sorgfältiger auf Hygiene bei der Zubereitung achten. Zetes Experte Pascal Durdu erörtert, wie eine bessere Rückverfolgbarkeit der Lebensmittelindustrie helfen könnte, ihren Kunden Sicherheit beim Verzehr zu vermitteln und den Imageschaden der Branche zu beheben. 

Einer der wesentlichen Vorteile der Rückverfolgbarkeit ist die Möglichkeit, Kontaminationsquellen schnell zu orten, zu identifizieren und einen gezielten Rückruf einzuleiten. So wird vermieden, dass der Ruf einer ganzen Branche geschädigt wird und Nahrungsmittel ‘stigmatisiert’ werden, was für Erzeuger und Handel erhebliche wirtschaftliche Einbußen bedeuten kann. Derzeit gibt es keine Gesetzgebung, die von Lebensmittelfirmen die Einführung einer internen Rückverfolgbarkeit verlangt. Die Gesetzgeber sind sich jedoch einig, dass derartige Systeme einerseits Kosten sparen würden, die eine Rückrufaktion mit sich bringt, und andererseits unnötige weitere Störungen vermeiden könnten. 

Erfahrungen der Pharmaindustrie

Lebensmittelhersteller könnten von der Erfahrung der Pharmabranche mit den Rückverfolgungslösungen profitieren. Aufgrund der für die Pharmaindustrie geltenden neuen Bestimmungen verbesserten einige Unternehmen die Produktrückverfolgbarkeit und erfassen inzwischen mittels standardisiertem GS1-Datamatrix-Code „CIP13“ Seriennummern, Chargennummern und Haltbarkeitsdatum.

Zwar haben viele Lebensmittelproduzenten bereits ein gewisses Maß an Rückverfolgbarkeit eingeführt, doch in der Regel erfassen sie nur die Chargennummern. Auf diesem Niveau ist es meist nicht möglich, eine schnelle Rückrufaktion einzuleiten, da die Chargen sich auf Produktionsorte beziehen und Hunderte einzelne Kartons umfassen, was die Erkennung erschwert. Um zuverlässige Ergebnisse zu erzielen, ist es notwendig, die Waren exakter verfolgen zu können oder zu wissen, welche Faktoren in den einzelnen Phasen der Lieferkette die äußere Umgebung der Waren beeinflusst haben könnten. Dies kann durch die Erfassung einzelner Kartons oder Kisten erreicht werden.

Die Identifizierung einzelner Lebensmitteleinheiten kann für Erzeuger und Händler aufgrund der Größe oder der Form eine Herausforderung sein. Für den Einsatz in der Pharmabranche wurden bereits Systeme entwickelt, die diese Herausforderungen meistern und die für die Anforderungen der Lebensmittelbranche geeignet sind. So wurde beispielsweise ein System für die Etikettierung von Schlangengurken realisiert.

Wie die Technologie funktioniert

Eine einmalige fortlaufende Nummer wird generiert und in Form eines Barcode-Etiketts in Echtzeit auf Produkt- oder Verpackung angebracht. Barcodes der neuen Generation, wie Databar oder Datamatrix, werden aufgrund ihrer geringeren Größe und der Möglichkeit, viele detaillierte Informationen darin unterzubringen, verwendet. Nach dem Etikettieren werden diese Barcodes in den verschiedenen Phasen der Lieferkette gelesen; ursprüngliche Daten werden erfasst und neue Informationen hinzugefügt, um die Rückverfolgung zu verbessern. Zum Beispiel werden Informationen über die Einhaltung der Kühlkette, Einflüsse durch Umgebungsbedingungen und mögliche Kontaminationsrisiken während des Transports erfasst.

Eine Alternative zur Print-and-Apply-Etikettierung sind wiederverwendbare Kunststoffkisten, die mit einer zufällig erzeugten Kennung versehen sind, die auf einem RFID-Etikett gespeichert ist. Diese Methode kann die Serialisierung von Produkteinheiten erleichtern und kostengünstiger gestalten, da lediglich die Investition in ein wiederverwendbares RFID-Etikett erforderlich ist.

Einsatz bei kürzeren Haltbarkeitsfristen

Für Erdbeeren beispielsweise muss man zusätzlich zur Kühlkette weitere Daten erfassen. Nehmen wir an, die Hälfte der Kartons einer Charge stand vor der Auslieferung bei hohen Temperaturen zu lange im Versandbereich. Ungeachtet des Verpackungsaufdrucks enthält die einzelne Charge dadurch Erdbeeren mit kürzerer Haltbarkeit als angegeben. Wären Daten verfügbar, die den Händler auf mögliche Qualitätseinbußen oder Kontaminationsrisiken während des Transports aufmerksam machen, würde deutlich, dass die FIFO-Methode (first in first out) der Bestandsrotation nicht immer die beste ist und er könnte durch gezielte Platzierung der Ware reagieren und somit die Verkaufsabfolge steuern.

Verfolgbarkeit als Differenzierungsmerkmal

Allzu oft wird Verfolgbarkeit als Kostenverursacher und als aufgezwungene Maßnahme zur Erfüllung rechtlicher Vorgaben betrachtet, dabei ist sie ein Mittel zur Sicherung des Wettbewerbsvorteils und eine Möglichkeit, Lieferkettenprozesse zu verbessern. Die Investition rentiert sich schnell, und der gebotene Mehrwert kommt dem Unternehmen noch lange zugute, nachdem der anfängliche Aufwand wieder eingespielt wurde.

Herstellern hochwertiger Lebensmittel oder Einzelhändlern, die sich durch eigene Marken differenzieren wollen, garantiert Verfolgbarkeit Authentizität und Qualität für den Verbraucher.